Von der Schnapsidee zum Neustart: Wie der SV Unteraltertheim in den Spielbetrieb zurückkehrt
Von Heidi Vogel
Eigentlich stand der SVU vor seiner Auflösung. Eine Gruppe von Ehrenamtlichen hat das verhindert und über zwei Dutzend Fußballer für den Wiedereinstieg gewonnen.
In Zeiten, in denen immer mehr Fußballmannschaften fusionieren oder sich komplett auflösen, ist der Neustart eines Männerteams schon etwas Außergewöhnliches. Noch dazu, wenn der komplette Verein bereits unmittelbar vor der Auflösung gestanden war. Die Rede ist vom SV Unteraltertheim, der ab der Saison 2024/25 wieder mit einer ersten Mannschaft an den Start gehen wird. Vor sieben Jahren haben die Unteraltertheimer ihr Team abgemeldet. Es gab nicht mehr genügend Fußballer. Seither besteht eine Spielgemeinschaft über die Landesgrenze hinweg mit dem TSV Gerchsheim, der unter dem Dach des Badischen Fußballverbands um Punkte spielt.
Zum Gespräch darüber, wie sie in Unteralterheim wieder eine eigene Fußballmannschaft an den Start bringen wollen, haben sich im Sportheim, rund einen Kilometer außerhalb des Dorfs, sieben Protagonisten eingefunden. Diese haben den Wiedereinstieg in den Spielbetrieb vorangetrieben.
Idee entstand bei einer Vorstandssitzung
"Im Prinzip war es eine Schnapsidee, die nach einer Vorstandschaftssitzung im Oktober entstanden ist", erinnert sich Sportvorstand Alexander Koslow. Zusammen mit Tobias Geiger, dem Vorstand Liegenschaften, Hans Schwab, dem Vorstand Verwaltung, und Sportleiter Michael Krause hat er damals eine Liste angefertigt, auf der Personen standen, die in der jüngeren Vergangenheit Fußball gespielt haben oder derzeit noch spielen.
"Anfangs hatten wir über 40 Mann auf dem Zettel, wobei wir da auch noch draufstanden", berichtet der 40-jährige Krause. Schnell seien sie an den Punkt gekommen, an dem ihnen klar wurde, dass ein Neustart durchaus realistisch sei, wenn genügend junge Spieler mitzögen. "Wir wollten keine Stammtischtruppe, sondern etwas für die Zukunft", betont Schwab.
Das Quartett führte Gespräche mit Spielern, deren Wurzeln beim SV Unteraltertheim liegen, die aber entweder in der SG oder in der Nachbarschaft aktiv sind. Außerdem mit Jugendspielern, die in naher Zukunft in den Herrenbereich wechseln. "Mitte November hatten wir eine Versammlung hier oben – wir waren total überwältigt, weil mehr als 20 Leute gekommen sind", erinnert sich Krause.
Mario Stumpf übernimmt das Team als Trainer
Sie klärten das ernsthafte Interesse der Spieler ab und gingen parallel dazu auf Trainersuche. Denn wollte man in der kommenden Saison starten, durfte man in puncto Trainer keine Zeit verstreichen lassen. Und tatsächlich, am 30. Dezember, wurde Mario Stumpf als Trainer präsentiert. "Zunächst war ich überrascht, als der Anruf kam. Aber der erste Eindruck war sehr positiv", erinnert sich Stumpf, derzeit noch in Diensten der SG Zell/Margetshöchheim.
Schnell habe der 45-Jährige bemerkt, mit wie viel Herzblut die Verantwortlichen die Sache angingen. Ein Gespräch mit den Spielern habe letztendlich den Ausschlag gegeben, beim SVU zuzusagen. "Das hat mich total überrascht, wie die Jungs von der Körpersprache her aufgetreten sind und signalisiert haben, dass sie voll dahinterstehen", sagt er.
Stumpf gibt zu, dass ihm durchaus bewusst sei, welch Wagnis ein solcher Neustart gerade auch für ihn als Trainer ist. Wie Sportvorstand Koslow beteuert, sei Stumpf jedoch der perfekte Kandidat, weil er als Übungsleiter im Erwachsenen- wie auch im Juniorenbereich über große Erfahrung verfüge und gerade zahlreiche junge Spieler der Mannschaft angehören werden. Rund zwei Drittel der Spieler sind jünger als 25, und auch perspektivisch rücken in den nächsten Jahren etliche Juniorenspieler nach.
Allerdings wird im Laufe des Gesprächs klar, dass das Thema "Wiederbelebung" eine längere Vorgesichte hat. "Der damalige Zusammenschluss mit Gerchsheim war Fluch und Segen zugleich", erklärt SVU-Vorstandsvorsitzende Karin Thoma. Denn einerseits konnten die Fußballer weiter am Spielbetrieb teilnehmen, andererseits wurde das eigene Sportgelände immer seltener genutzt – das Vereinsleben kam fast vollständig zum Erliegen. Die Corona-Pandemie tat dann noch ihr Übriges.
Dennoch starteten die Verantwortlichen im Jahr 2021 eine Spendenaktion für den von Wildschweinen kurz vor Pandemiebeginn verwüsteten Sportplatz. Die Bevölkerung und ortsansässige Firmen unterstützten den Verein mit rund 15.000 Euro – doch haperte es zunächst an der Umsetzung. "Wir waren nur drei Vorstandsmitglieder, das war einfach nicht zu stemmen", begründet Thoma.
Nach den zunächst erfolglosen Vorstandswahlen im Jahr 2022 drohte sogar die Auflösung des Vereins, weil sich für die insgesamt sieben Vorstandsposten keine Kandidaten fanden. Erst in der dritten Generalversammlung kam die Rettung. Wenig später beschloss die neue Führungsmannschaft, den verwüsteten Sportplatz zu umzäunen und wieder herzurichten.
Ehrenamtlich richten in 800 Arbeitsstunden den Sportplatz her
Durch die Eigenleistung der Mitglieder und durch Unterstützung einer ortsansässigen Firma, die Maschinen kostenlos zur Verfügung stellte, wurde im Frühjahr 2023 der komplette Sportplatz eingezäunt. Im September wurde dann der Rasenplatz wieder hergerichtet.
Wie Platzwart Günther Gadermann berichtet, kristallisierte sich schnell heraus, dass die Arbeiten durch eine Firma das Budget gesprengt hätten. Also wandte er sich an die Sportplatzpflegegemeinschaft – die ist ein gemeinnütziger Verein – und holte sich Tipps. "Um den Platz so eben wie möglich zu bekommen, haben wir 53 Tonnen Humus-Sandgemisch aufgetragen", berichtet Gadermann, der den Posten des Platzwarts seit acht Jahren innehat und sich diesen mit Klaus Hörner teilt. Danach ging es ans Einsäen und Bewässern.
Und nachdem im Oktober bei besagter Vorstandschaftssitzung der Platz bereits prächtig gediehen war, keimte bei den fußballbegeisterten Verantwortlichen die Idee des Neustarts auf. Während Michael Krause und Alexander Koslow bereits seit längerer Zeit mit dem Training für die Bambini begonnen haben, sollen Zug um Zug auch wieder andere Angebote wie Damengymnastik in dem nun wiederbelebten Verein gestartet werden.
Sport mit einer gewissen Ernsthaftigkeit
Und was sagt die Vorstandsvorsitzende, die nach 28 Jahren Vorstandstätigkeit ihren Rückzug angekündigt hat, zu den jüngsten Entwicklungen? "Das ist eine grandiose Leistung, was die Jungs auf die Beine gestellt haben – Hut ab", sagt Thoma. Die anwesenden Protagonisten wiegeln jedoch ab – ihnen ist es deutlich wichtiger, den Dank an alle Helfer, Mitglieder, Sponsoren und nicht zuletzt auch an den Partnerverein Gerchsheim, mit dem weiterhin die Spielgemeinschaft für die zweite Mannschaft und die gemeinsame Jugendarbeit besteht, zu richten.
Auf die Frage nach den sportlichen Zielen halten die Verantwortlichen den Ball flach. "Wir wollen eine gewisse Ernsthaftigkeit, aber der Spaß soll im Vordergrund stehen", erklärt Krause und fügt an: "Vielleicht können wir ja Vorbild für andere Vereine sein."